LOSLASSEN ALS UNTERNEHMER:IN – SO GELINGT DIE GESCHÄFTSÜBERGABE

image description

LOSLASSEN ALS UNTERNEHMER:IN – SO GELINGT DIE GESCHÄFTSÜBERGABE

Die Nachfolgeregelung ist für kleine und mittlere Unternehmen in der Schweiz häufig ein Problem. Laut dem Bund verschwindet nahezu jedes dritte KMU, weil es nicht gelingt, eine Person für die Übernahme zu finden. Zudem ist die Geschäftsübergabe eine äusserst emotionale Angelegenheit, die viel Konfliktpotenzial birgt. Wie man sie trotzdem erfolgreich meistert, zeigen einige Beispiele aus Wädenswil.

Anja Kutter

Seit Anfang Jahr ist die Tuwag Immobilien AG in neuen Händen. Heiner Treichler, der das Familienunternehmen über 30 Jahre lang geführt hatte, übergab die Geschäftsleitung an Thomas Brassel (Seite 5). Bereits vor zehn Jahren hatte Heiner Treichler seinen Nachfolger ins Unternehmen geholt – schon damals mit dem Ziel, dass dieser dereinst seine Aufgaben übernimmt.

Den Nachfolgeprozess so langfristig vorzubereiten ist laut Experten vorbildlich. Vor allem – wie es hier der Fall ist – wenn der Nachfolger oder die Nachfolgerin nicht aus der Familie stammt. «Mir war es wichtig, dass auch die zahlreichen guten Kontakte auf ihn übergehen und dass er so viel wie möglich auch von der Vergangenheit mitbekommt», sagt Heiner Treichler. Deshalb könne man nicht früh genug mit der Planung starten.

Tatsächlich gehört die Geschäftsübergabe für die meisten Unternehmerinnen und Unternehmen zu den grössten Herausforderungen in ihrer Karriere. Oftmals ist es nicht nur einfach eine Firma, sondern ein Lebenswerk, das man weitergibt. Verständlich also, dass auch viele Emotionen im Spiel sind.

Wie können am Ende alle Parteien diesen Prozess zufrieden abschliessen? Wädenswiler Gwerblerinnen und Gwerbler teilen ihre Erfahrungen und geben Tipps.

So gelingt die Geschäftsübergabe

Hier erzählen Wädenswiler Unternehmerinnen und Unternehmer, wie sie die Geschäftsübergabe erlebt haben, welches für sie die grössten Herausforderungen waren und welche Gefühle dabei eine Rolle spielten.

«Es ist wichtig, früh genug mit allen Beteiligten das Gespräch zu suchen. Es muss beachtet werden, dass die Aktien eines KMU im Erbteilungsfall neu bewertet werden können. Die Frage, zu welchen Konditionen das Geschäft übernommen wird, war bei uns eine grosse Herausforderung. Eine genaue Abklärung im Vorfeld ist hierbei hilfreich. Damit die Übergabe gelingt, ist es auch wichtig, dass der neuen Generation genügend Vertrauen und Spielraum gegeben werden. Nach vielen Jahren guter Geschäftstätigkeit ist das Loslassen keine einfache Sache. Es braucht von beiden Seiten ein grosses Vertrauen.»

Claudio Kägi, führt den Familienbetrieb Kägi + Co in dritter Generation.

«Die matchentscheidende Zutat für eine erfolgreiche Nachfolgeregelung in einem Familienbetrieb liefert weder ein Treuhandbüro, eine Unternehmensberatung noch eine Versicherung. Es geht um Vertrauen. Das können nur die Betroffenen selbst in die Hand nehmen. Dazu gehört eine Reise in die Vergangenheit, man muss brutal ehrlich über innere Ängste sowie Erwartungen sprechen. Dann kann die Stabübergabe gelingen und glücklich machen. Mein Vater und ich haben viel diskutiert und gestritten – wir haben aber auch gelernt, uns immer wieder in die Arme zu nehmen. Ich würde das Erbe auf jeden Fall wieder antreten.»


Ashley Stutz, übernahm die Pomcanys Gruppe im 2021 von ihrem Vater Ruedi Stutz und ist Geschäftsleiterin der dazugehörigen Stutz Medien AG.

«In meinen Augen ist es extrem wichtig, dass sich die beiden Parteien stets wohlwollend begegnen. Der Nachfolger soll das von der älteren Generation Geleistete wertschätzen. Auf der anderen Seite soll die abtretende Partei den innovativen Ideen der zukünf­tigen Geschäftsleitung nicht im Wege stehen. Zudem muss der Nachfolger auf die künftigen Herausforderungen vorbereitet werden. Dieser Prozess kann sich über mehrere Jahre hinziehen, weshalb die Nach­folgeregelung von langer Hand geplant werden sollte.»


Lukas Hitz, trat 2021 in die Geschäftsleitung der Hitz Innenausbau + Möbel AG ein.

«Als abtretende Generation muss man herausfinden, wie viele Ratschläge noch gefragt sind und welche Unterstützung noch erwünscht ist. Das gilt es während des ganzen Prozesses immer wieder neu herauszufinden. Loszulassen fällt trotz gutem Vorsatz nicht immer gleich leicht.»


Daniela und Christoph Stalder, übergaben den Familienbetrieb vor einem Jahr ihrem Sohn Martin.

«Die grösste Herausforderung war, Interessenskonflikte zwischen den beiden Genera­tionen zu erkennen und diese auszudiskutieren. Vielleicht möchte ich als Nachfolger nicht alles genau gleich machen wie meine Eltern. Das ist legitim, muss aber abgesprochen sein, damit klare Verhältnisse herrschen. Auch eine faire Bewertung des Firmenwertes zu finden ist nicht einfach, trotzdem aber sehr wichtig, damit auch die anderen Nachkommen nicht zu kurz kommen und es in der Familie keine Unstimmigkeiten gibt. Wenn ich zurückblicke, würde ich nicht vieles anders machen. Es läuft gut. Die Herausfor­derungen haben wir jedoch etwas unterschätzt. Das ist aber gar nicht schlecht, ansonsten hätten wir uns zu viele Sorgen gemacht. Man muss es einfach wagen!»


Martin Stalder, übernahm die Innenausbau Stalder AG Anfang 2023 von seinen Eltern Daniela und Christoph Stalder.

«Ich konnte meine Geschäftsanteile meinem Bruder Stephan übergeben bzw. verkaufen. Dies ist dank dem gegenseitigen Verständnis und Geduld beiderseits relativ schlank abgelaufen. Was einfach immer wichtig ist, dass man eine neutrale – oder vielleicht auch zwei – Sichten und Bewertungen von Fachleuten beizieht, um gezielt auf den gemeinsamen Nenner zu kommen. Es ist wie eine schrittweise Annäherung beider Seiten. Ich glaube, genau so wichtig ist es, dass man mental bereit ist die Firma zu übergeben, in und mit der man ein ganzes Leben verbracht hat. In meinem Fall war es fast wie die Auflösung einer 50-jährigen «Ehe». Es ist zwar ein grosser materieller bzw. finanzieller Klimmzug, doch fast schwieriger ist die emotionale Seite. Mit diesen Emotionen muss man lernen umzugehen.»


Paul Rota, übergab den Plattenlegerbetrieb Rota AG 2019 nach fast 5 Jahrzehnten an seinen Bruder Stephan Rota.

«Die Geschäftsnachfolge ist tatsächlich ein emotionales Thema. Ich bin schon über 40 Jahre im PaBa Markt tätig. Anfänglich 20 Jahre als Geschäftsleiterin und ab 2001 als Co-CEO. Im Wissen, dass die Pension von meiner Geschäftspartnerin und mir ansteht, haben wir uns schon länger Gedanken über die Nachfolge gemacht. Wir hatten das Glück, dass beide Töchter meiner Geschäftspartnerin sich für unsere Branche interessierten. Nachdem wir die Corona-Jahre heil überstanden hatten, haben wir uns mit Hilfe eines externen Beraters an die Verkaufsabwicklung gewagt. Ich bin dankbar für diese interne Lösung, konnten wir dadurch doch die Arbeits- und Ausbildungsplätze bewahren und unsere Kundschaft im gewohnten Rahmen weiterbedienen. Persönlich schätze ich es sehr, dass ich meine letzten zwei Arbeitsjahre mit einem Teilzeitpensum und ohne Verantwortung beenden kann.»


Silvia Birrer, übergab den PaBa Markt zusammen mit ihrer Geschäftspartnerin Zita Lienert im Sommer 2023 an die nächste Generation.

«Wir haben das Glück, dass wir nach dem Austritt von meinem Bruder Thomas mit meinem Sohn Marco eine familieninterne Nachfolge gefunden haben. So dürfen wir den Familienbetrieb in absehbarer Zukunft der dritten Generation überreichen. Dies ist nicht selbstverständlich, da die Verantwortung doch sehr gross ist, das Unternehmen weiterhin erfolgreich zu führen. Eine familien­externe Nachfolgelösung wäre emotional viel aufwühlender und schwieriger gewesen. Natürlich gab es auch bei uns diverse Sitzungen und Besprechungen, bis die letzten Details für einen Übergabeplan geklärt waren. Hilfreich war hierbei insbesondere die Unterstützung von unserem Treuhand­büro, welches unseren Betrieb schon seit Jahrzehnten begleitet und bestens kennt.»


Andreas Geiger, führt zusammen mit seinem Sohn Marco und seinem Bruder Michael die Geiger AG.