Das Halten von Immobilien durch Erben birgt verschiedene Risiken und die Suche nach einer gerechten Lösung bei der Zuteilung von Erbliegenschaften stellt zahlreiche Erbengemeinschaften vor grosse emotionale und finanzielle Herausforderungen.
Thierry Grote
Erbengemeinschaften sind weder aus zivilrechtlicher noch aus steuerrechtlicher Sicht dazu gedacht, um auf Dauer fortzubestehen. Sie sind reine Liquidationsgemeinschaften.
Risiken bei aufgeschobenen Erbteilungen
Der Fortbestand der Erbengemeinschaft auf Dauer ist nicht zu empfehlen. Sämtliche Rechtshandlungen bedürfen der Handlungsfähigkeit aller Miterben sowie der einstimmigen Beschlussfassung. Ein sehr wichtiger Punkt ist daher die Sicherstellung der Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft. Ohne entsprechende Massnahmen ist die Handlungsfähigkeit bei Erbengemeinschaften namentlich dann gefährdet, wenn ein Mitglied der Erbengemeinschaft stirbt oder handlungsunfähig wird.
Risiken bestehen auch aus steuerrechtlicher Sicht. Wird die Erbteilung zu lange hinausgeschoben, kann die Steuerbehörde die Erbengemeinschaft fortan als sogenannte «einfache Gesellschaft» betrachten. Dadurch fallen bei der «verspäteten» Zuweisung von Immobilien an Miterben Grundstückgewinnsteuern an, welche bei einer zeitnahen Teilung aufgeschoben würden (vgl. auch Kapitel «Zuteilung von Immobilien unter Miterben | Grundstückgewinnsteuer»). Das Risiko erhöht sich, wenn Investitionen in die Immobilien getätigt werden.
Wenn die Erben am gemeinsamen Halten und Bewirtschaften der Immobilie interessiert sind (Renditeobjekt, Vornahme eines gemeinsamen Bauprojekts u.a.), sollten sie sich frühzeitig Gedanken über eine mittel- bis langfristige Strategie und damit über die geeignete alternative Eigentumsform (einfache Gesellschaft, Immobilien-AG, Stockwerkeigentum u. a.) machen.
Zuteilung von Immobilien unter Miterben | Allgemeines
Oftmals werden Erbteilungen deshalb nicht zügig vollzogen, weil sich die Erben nicht über den Markt- / Übernahmewert einigen können. Von den einzelnen Miterben vorgelegte Immobilienschätzungen variieren oft massiv. Bei Immobilien mit unausgeschöpftem Baupotential sowie bei bereits optimierten Renditeobjekten spricht der Markt aufgrund des in den letzten Jahren entstandenen Anlagenotstands, der Erschöpfung von Baulandreserven sowie des Bevölkerungswachstums eine eigene Sprache. Die Übernahme durch einzelne Miterben ist daher oftmals unmöglich und die Zuteilung von Erbliegenschaften wird auf die lange Bank geschoben. Dadurch werden aber auch die damit verbundenen Risiken und Probleme auf die nächste Generation übertragen.
Gelingt es den Erben nicht, ihr Erbe gütlich zu teilen, so steht jedem Miterben das Recht zu, die Teilung der Erbschaft klageweise geltend zu machen. Das Gericht hat jedoch grundsätzlich keine Kompetenz die Immobilie einem einzelnen Miterben zuzuweisen. Ein solches Vorrecht einzelner Miterben an Erbliegenschaften setzt eine entsprechende testamentarische Verfügung des Erblassers oder eine erbvertragliche Vereinbarung mit dem Erblasser voraus. Gerichtsverfahren sind in der Regel für alle Beteiligten emotional sehr belastend und mit Kostenrisiken verbunden. Eine gütliche Einigung (allenfalls im Rahmen einer Mediation) ist daher wenn möglich vorzuziehen.
Zuteilung von Immobilien unter Miterben | Grundstückgewinnsteuer
Natürliche und juristische Personen bezahlen bei der Veräusserung von Grundstücken eine Grundstückgewinnsteuer. Grundlage für die Bemessung der Grundstückgewinnsteuer ist der steuerbare Grundstückgewinn unter Berücksichtigung des Besitzesdauerabzuges. Als steuerbarer Grundstückgewinn gilt die Differenz zwischen den Anlagekosten und dem Veräusserungserlös.
Wird eine Immobilie nun im Rahmen der Erbteilung an einen Miterben zugewiesen, führt dies grundsätzlich zu einem sogenannten «Aufschub» der Grundstückgewinnsteuer. Das heisst, die aufgeschobene Steuer wird in einem solchen Fall erst dann fällig, wenn der übernehmende Miterbe die Immobilie zu einem späteren Zeitpunkt weiterveräussert (vgl. jedoch Kapitel «Risiken bei aufgeschobenen Erbteilungen»). Wie ist nun der Fairness halber mit dieser sogenannt «latenten Grundstückgewinnsteuer» in der Erbteilung umzugehen? Soll die latente Steuer bei der Zuteilung von Erbliegenschaften an Miterben vom Übernahmewert in Abzug gebracht werden oder nicht? Wichtig ist primär, dass dieses Thema bei der Zuteilung von Erbliegenschaften unter den Miterben bewusst wahrgenommen und angesprochen wird. Nicht in jedem Fall ist ein (vollständiger) Abzug vom Übernahmepreis jedoch gerechtfertigt. Je tiefer der Übernahmewert unter dem Marktwert liegt (und dadurch bereits eine Begünstigung des übernehmenden Miterben vorliegt), desto weniger rechtfertigt es sich, zusätzlich die latente Grundstückgewinnsteuer gänzlich in Abzug zu bringen.
Zuteilung von Immobilien unter Miterben | Schenkungssteuer
Aus steuerrechtlicher Sicht kann es heikel sein, wenn Miterben die Immobilie zu einem «zu tiefen» Wert übernehmen. In solchen Fällen können für den erwerbenden Erben Schenkungssteuern anfallen. Für die Steuerbehörde ist der Marktwert und nicht der Steuerwert (Vermögenswert) entscheidend.
Rechtzeitige Planung ist wichtig!
Die Vor- und Nachteile des Fortbestands von Erbengemeinschaften müssen individuell und nachhaltig beurteilt werden. Es ist wichtig, rechtzeitig die Chancen und Risiken abzuwägen und klare Verhältnisse unter allen Beteiligten zu schaffen. Noch vorteilhafter ist die Regelung des Erbes zu Lebzeiten. Sie bietet deutlich mehr Optionen und zahlreiche weitere Vorteile.
HONEGGER & GROTE,
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